Canal du Midi

Canal du Midi

Im Mai 2002 waren wir für zwei Wochen auf dem Canal du Midi in Südfrankreich unterwegs. Zwei Wochen, in denen alles vertreten war: Wolkenbruchartige Regenfälle, kalter Wind, penetranter Nieselregen in der einen Woche, blauer Himmel, warme, nein heiße Tage in der zweiten Woche. Und kurz vor Ende unserer Fahrt erlebten wir ein weiteres Extrem: La Mediterranee, ein heißer Sturmwind, der vom Mittelmeer herauf weht und viel Sand mit sich bringt.
Auf dem Canal war um diese Jahreszeit nicht viel los, so dass auch an den Schleusen nur selten richtige Wartezeiten aufkamen. Warten mußte man eigentlich nur während der Mit- tagspause der Schleuser, denn die Schleusen am Canal du Midi sind alle bedient. Es heißt jedoch, dass sich im Sommer die Boote wie die Perlen an einer Kette über den Canal ziehen ...

Die Fahrt ging von und bis Castelnaudary, wo die Bootsbasis knapp einen Kilometer vom Bahnhof am Grande Basin liegt. Eigentlich ist das eine tolle Lage, gegenüber von der Altstadt und mit genug “Auslauf” sowohl für ganz blutige Anfänger als auch die Erfahrenen, denn das Gefühl für’s Boot muss man erst mal haben. Nur bei starkem Wind, wie wir ihn am letzten Tag hatten, sind auf dem Grande Basin durchaus ein paar ordentliche Wellen, die uns Hobby-Schiffern doch noch mal nachdenken lassen. So mancher ist, wie wir abends hörten, dann gar nicht erst ausgelaufen. Allerdings soll das nur an ganz wenigen Tagen im Jahr vorkommen ...

Das alles soll nur sagen, Bootskleidung sollte auch in Südfrankreich sowohl Sonnen- kleidung wie auch Wind- und Regendichtes umfassen.

In den zwei Wochen konnten wir von Castelnaudary bis Bezier fahren, vor dort zurück bis zur Kreuzung mit dem Canal de la Robine fahren und auf dem Canal de la Robine einen Abstecher in Richtung Süden (Narbonne) bis Salleles d´Aude machen. Weiter ging’s nicht, weil der Regen das nächste Kanalstück unpassierbar machte. Von Salleles d´Aude fuhren wir zurück bis Castelnaudary und darüber hinaus weiter in Richtung Toulouse. Wir über- querten die Kanalkuppe bei La Segala und fuhren bis Negra, wo wir aus Zeitgründen um- kehren mußten. Dies als Hinweis auf bewältigbare Wegstrecken auf dem Kanal in zwei Wochen.

Die Highlights dieser zwei Wochen (und ich meine damit nicht die bekannten touristischen Höhepunkte Carcassone, Beziers, Oppidum d´Enserune oder das kreisrunde Feld von Montady) waren für uns Bootfahrer die zahllosen Aquädukte, der Tunnel von Malpas und die 158 ovalen Schleusen, die auf der Strecke insgesamt zu bewältigen waren. Und dabei natürlich die Schleusentreppen, 2-fach-Schleusentreppen sind nett, 3-fach oder gar 4-fach Schleusentreppen ein Ereignis, aber das MUSS ist einfach die 6-fach-Schleusentreppe von Fonserannes (direkt bei Bezier) (s. nächstes Bild).

Das Bild links ist in der Abenddämmerung gemacht worden, als der Betrieb schon lange eingestellt war und die Schleusen- kammern nach unten geöffnet waren. Sehr schön ist zu sehen, dass die Schleusen- kammern immer noch so oval gehalten sind wie sie vor über 200 Jahren von ihrem Erbau- er Pierre Paul Riquet erdacht wurden.

In jede Schleusenkammer passen gut vier (auch größere) der auf dem Kanal üblichen Hausboote, auch wenn es bei den ganz großen Booten schon mal eng wird in der Schleusenkammer. Beim Aufschleusen hat die Besatzung ordentlich zu tun, um das Boot zu halten ... wenn nicht gerade ein verständnisvoller Schleusenwärter das Wasser langsam in die Schleuse einläßt. In Fonserannes ist allerdings immer ein großer Andrang und die Schleusenwärter schleusen sehr zügig en block mehrere Stunden aufwärts und mehrere Stunden abwärts.

Und was wir nie gedacht hätten: selbst im Mai bei regnerischem Wetter war die Schleusen- treppe ein Anziehungspunkt für eine unübersehbare Menge von Einheimischen und Touristen, die die Schleusenmanöver der mehr oder minder erfahrenen Bootsbesatzungen neugierig bestaunten. Das ging so weit, dass diejenigen der Besatzungen, die an Land/am Schleusen- rand blieben, um die Leinen um die Poller zu legen, kaum im selben Tempo wie das Boot zur nächsten Schleusenkammer kamen, weil die Schaulustigen dicht gedrängt bis an den Schleusenrand stehen. Und das sind nur 40 Meter!

Aber neben Fonserannes gibt es auch kleinere, idyllisch mitten in der freien Natur gelegene Schleusen(treppen) wie die im Bild unten. Auch in diesem Bild ist die ovale Schleusen- kammer gut zu sehen. Und im Hintergrund ist schon die nächste Schleuse zu sehen.

Neben den Schleusen und dem Tunnel von Malpas waren die Aquädukte beeindruckende Bauwerke, besonders wenn man bedenkt, wie alt sie sind. Viele Aquädukte bemerkt man kaum, bei manchen kann man nicht so schön runtersehen, bei anderen sind nur Rinnsale unter Bäumen und Büschen zu sehen.

Eins der beeindruckensten ist jedoch das Aquädukt La Repudre, über das man wunderbar drüberlaufen und die 200 Jahre alte Kreuzung von Wasser auf zwei Ebenen bestaunen kann.

Zum Abschluss noch ein paar Dinge, die wir auf dem Canal du Midi gelernt haben:

 

Die Franzosen am Canal du Midi sind sehr freundlich und hilfsbereit, auch bei Leuten, die nicht so toll Französisch sprechen. Es mag Ausnahmen geben, aber wir haben nur gute Erfahrungen gemacht.

 

Bei nassem Wetter oder wenn die Leinen doch mal wieder ins Wasser gefallen sind, sind robuste (Arbeits-)Handschuhe sehr hilfreich. Sonst hat man schnell Hände wie Schleifpapier, so wie wir.

 

Allein sind die Schleusen nur schwer zu schaffen.

 

Die Unterstützung durch die Bootsvermieter bei Problemen ist sehr gut (eigene Erfahrung und Aussagen anderer).

 

Leider haben die allermeisten Bootsvermieter in den letzten paar Jahren die unschöne Regelung eingeführt, die Betriebskosten nicht mehr nach tatsächlich verbrauchten Diesel-Litern abzurechnen, sondern nach Betriebsstunden zu berechnen. Diese werden dann munter mit einem fast beliebigen Stundensatz (für unser mittelgroßes Boot waren es bereits erkleckliche 4 EUR) multipliziert und ergeben die zu zahlenden Betriebskosten.

Das Problem dabei ist vor allem, dass aufgrund der vielen Schleusen, in denen der Motor aus Sicherheitsgründen während des ca. 13-15 Minuten dauernden Schleusenvorgangs laufen soll, der Verbrauch gar nicht so furchtbar hoch ist. Nach unseren Erfahrungen braucht ein mittelgroßes Boot bei vielen Schleusen und der gewünschten mäßigen Fahrweise (damit die Ufer nicht ausgespült werden) so in etwa ... na ja ... grob 70 Liter Diesel pro Woche. Allerdings kommen in einer Woche schnell 35 Betriebsstunden zusammen. Und da passen dann Verbrauch und Betriebskosten nicht mehr so gut zusammen; vor allem wenn man bedenkt, dass die eigentlichen Betriebskosten (also Abnutzung, Ölverbrauch usw.) bereits mit dem auch nicht geschenkten Mietpreis gedeckt sein sollten. So allerdings kommen sich viele, auch wir, doch ausgenommen vor.
Und leider verbreitet sich diese nachteilige Regelung durch inzwischen europaweit vertretene Bootsfirmen auch in Holland und Deutschland.

Es ist also sehr ratsam, das Kleingedruckte im Katalog genauestens zu lesen!


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