Norfolk Broads

Auf den Norfolk Broads

Nach langen Überlegungen, ob wir wohl im Stande sind, einen Bootsurlaub nicht nur heile zu überstehen, sondern darüber hinaus auch noch zu genießen, mieteten wir im Juli 1998 zum ersten Mal ein Hausboot.

Das Katalog-Studium ergab, dass die Norfolk Broads für uns blutige Anfänger das ideale Revier seien: keine Schleusen, keine Hubbrücken, keine Berufsschifffahrt. So beruhigt, machten wir uns auf den Weg.
Nach einer für Erstlinge doch etwas zu knappen Einweisung an der Marina in Wroxham (zumindest was das Fahren angeht!) ging es los. Unterwegs machten wir die ersten Versuche, anzulegen. Vorwärts bzw. längsseits war es schon schwierig genug, weil die Bremsen nun gar nicht so funktionierten wie wir das vom Auto gewohnt waren. Und so machten wir das wie alle Anfänger, die wir auf unseren Fahrten sahen:
vorn vorsichtig gegen die Mooringstelle fahren und ein Besatzungsmitglied absetzen, um das Boot vorn festzumachen. Dann nach hinten gehen, die Heckleine an Land werfen und das Boot achtern an Land ziehen. Wie man’s richtig(er) und einfacher macht, das erklärte man uns erst in
Irland im Sommer darauf.

Die (Entwässerungs-)Kanäle und Flüsse der Norfolk Broads sind sehr abwechslungsreich von breit und übersichtlich bis eng gewunden und unübersichtlich. In der Hochsaison (Juli und August) sind die Norfolk Broads sehr gut besucht - eine Tatsache, die eigentlich nicht so sehr für eine Premiere als Hausbootfahrer spricht - so dass es bei der Suche nach Moorings durchaus angebracht ist, das nicht zu spät anzugehen, da man nur an ausge- zeichneten Mooring-Places festmachen darf. Irgendwann ereilte uns dann auch unser Schicksal: in Ludham waren wir aufgrund der Vollheit gezwungen rückwärts anzulegen, schummelten uns dann allerdings drum herum, indem wir uns auf den letzten Platz außen legten. Das nächste Boot bzw. sein Captain mühte sich dann vergebens, rückwärts in die Liegestelle zu kommen, bis freundliche Leute auf den anderen Booten ihn aufforderten, ihnen seine Leinen zuzuwerfen, mit denen sie das Boot dann etwas unzeremoniell in die Lücke hereinzogen. Als der Captain mit seiner Mannschaft dann auf der Mole stand, sagte er sehr erleichtert: “... in the boat yard it all looked so easy!” - ein Ausspruch, dem die anderen stillschweigend beipflichteten.

Die einzige wirklich knifflige Ecke ist die Potter Heigham Bridge, deren Durchfahrt so klein ist, dass die Bootseigentümer(-firmen) sich einen “Lotsen” (pilot) teilten, der von morgens früh bis abends spät die Boote während Niedrigwassers durch die Brücke fuhr. Und die Durchfahrt ist sowieso den kleineren Booten vorbehalten; zu Recht wie man sehen kann ...

Die Norfolk Broads sind an vielen Stellen pittoresk, besonders sehenswert fanden wir die Windmühlen, die zum Heraufpumpen des Wassers aus den umliegenden tiefer gelegenen Feldern dienten. Ein besonders schönes Exemplar ist die Horsey Windmill, die am Ende eines kleinen Kanals liegt, in dem es sich auch wunderbar übernachten läßt.
Zu unserer Überraschung kann man von hier aus über Feldwege in etwas mehr als 45 Minuten zur Nordsee hinüberwandern und an einem menschenleeren Strand entlanglaufen.
Der Südosten von England ist deutlich trockener und wärmer als die Westküste, so dass wir eine Woche Sonnenschein hatten. Um überbordende Erwartungen zu dämpfen: die Rückfahrt nach Deutschland war dann im Regen ...

Zum Abschluss dieses Abschnitts noch ein paar Dinge, die wir in den Norfolk Broads lernen konnten (die altgedienten “Seeleute” mögen diese Erkenntnisse verzeihen, wir wären als Anfänger froh gewesen, wenn man uns darauf hingewiesen hätte):

 

Die Briten sind sehr freundlich und hilfsbereit, auch bei Leuten, die nicht so toll Englisch sprechen. Allerdings gibt es kaum Hoffnung, jemand zu treffen, der Deutsch spricht

 

Die Boote variieren in Komfort und Größe stark. Inzwischen wissen wir, dass die älteren Boote oftmals Boote mit einem sog. Cabriodach sind, einem Dach, das sich vom Salon zurückschieben läßt. Diese sind schon etwas abgenutzter und tendieren dann auch mal dazu, den einen oder anderen kleineren Mangel zu haben. Es bietet sich also an, bei der Übernahme darauf zu achten oder von vorn herein ein als neu(er) gekennzeichnetes Boot zu mieten.

 

Selbst uns als blutigen Anfängern ist es nicht gelungen, das Boot zu versenken. Trotzdem hatten wir beim Anlegen gerade bei Wind einige stressige Momente und waren dankbar, dass wir nicht gleich mit Hubbrücken oder gar Schleusen konfron- tiert wurden. Nicht nur in dieser Hinsicht sind die Norfolk Broads ein wunderbares Revier.

 

Wir haben uns doch gewundert, warum so viele Leute/Boote Schlangenlinien fuhren. Im Nachhinein wissen wir nun warum: viele Boote haben nur einen Steuerstand, der vorn im Boot liegt. Zum Geradeaus-Steuern visiert man einen Punkt auf dem Bootsbug und einen am Ufer an und kontrolliert, ob sich ihr seitlicher Abstand verändert. Ändert sich der Abstand, weicht man zur einen oder anderen Seite von seinem Kurs ab und muss gegensteuern. Und dadurch, dass der Steuerstand tief und vorn liegt, fällt zumindest uns das Steuern dann schwerer als wenn man einen Steuerstand hinten und weiter oben hat. Es geht natürlich auch mit dem Steuer vorn, nur nicht so angenehm.


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